Samstag, 21. Februar 2009

Was V. Klaus Europa zu sagen hat

Wenn alle losschreien, dann lohnt es sich zumeist, sich den Grund der (inszenierten) medialen Aufregung anzuschauen. Der tschechische EU-Ratspräsident Vaclav Klaus hat vor dem Europäischen Parlament gesprochen - und kaum jemand berichtet, was er wirklich gesagt hat.
Dabei finden wir in seiner Rede durchaus vernünftige Passagen:

"Die Beziehung zwischen den Bürgern eines Mitgliedslandes und den Repräsentanten der EU ist keine normale Beziehung zwischen einem Wähler und dem Politiker, der ihn vertritt. Zwischen den Bürgern und den Repräsentanten der Union existiert ein Abstand (und zwar nicht nur im geographischen Sinne), der wesentlich größer ist, als innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten. Dies wird mit verschiedenen Begriffen bezeichnet: Demokratiedefizit, der demokratische Accountabilitätsverlust, Entscheidungen nicht durch Gewählte sondern Auserwählte, Bürokratisierung der Entscheidungsprozesse, usw. Die Vorschläge zur Änderung des heutigen Zustandes, die in der abgelehnten Europäischen Verfassung oder in dem von der EU Verfassung nur gering abweichenden Vertrag von Lissabon enthalten sind, würden diesen Defekt nur vergrößern."

Hm, kann man doch mal drüber reden, oder?

"Mit Bezug auf die Nichtexistenz eines europäischen Demos – europäischen Volkes – stellt auch eine eventuelle Stärkung der Rolle des Europäischen Parlaments keine Lösung für diesen Defekt dar. Im Gegenteil. Es würde das Problem nur verstärken und würde zu einem noch größeren Gefühl der Entfremdung der EU-Bürger von den Institutionen der Union führen. Weder das weitere Anfachen des Feuers unter dem „melting pot“ des bisherigen Typs der europäischen Integration, noch die Unterdrückung der Rolle der einzelnen Mitgliedstaaten unter dem Motto einer neuen multikulturellen und multinationalen europäischen bürgerlichen Gesellschaft sind eine Lösung dafür. Das sind Versuche, die in der Vergangenheit immer gescheitert sind, weil sie nicht ein Ausdruck der spontanen historischen Entwicklung waren."

Klar, das dies auch Konsequenzen haben kann:

"Ich befürchte, dass die Versuche, die Integration immer weiter zu beschleunigen und zu vertiefen und die Entscheidungen über die Lebensbedingungen der Menschen in den EU-Ländern in immer größerem Umfang auf europäische Ebene zu verlagern, in der Folge alles positive gefährden könnten, was in den letzten 50 Jahren in Europa erreicht worden ist."

Und auch dies darf einer, der unter dem Sowjetstern aufgewachsen ist, doch mal wenigstens formulieren, oder?

"Das hängt auch mit der Frage der Prosperität eng zusammen. Es muss offen gesagt werden, dass das heutige wirtschaftliche System der EU ein System des unterdrückten Marktes und der kontinuierlichen Stärkung der zentralen Lenkung der Wirtschaft ist. Und obwohl uns die Geschichte mehr als ausreichend gezeigt hat, dass der Weg nicht in diese Richtung führt, begeben wir uns heute erneut auf diesen Weg. Das Ausmaß der Einschränkung der Spontaneität der Marktprozesse und das Ausmaß der politischen Reglementierung steigen ständig. Zu dieser Entwicklung trägt in den letzten Monaten auch die falsche Interpretation der Ursachen der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise bei; als ob diese der Markt verursacht hat, während die wahre Ursache das Gegenteil ist: nämlich die politische Manipulation des Marktes. Und so muss erneut an die historische Erfahrung in unserem Teil Europas erinnert werden und an die Erkenntnisse, die wir aus dieser Erfahrung gezogen haben."

Skandalös ist nicht diese Rede vor einem frei gewählten Parlament, skandalös ist die Hetze, die Wut, die ungerechte Verleumdung gegen Klaus.

Keine Kommentare: