Freitag, 17. Juli 2009

Scharfe Kritik an Qualität der Kinderkrippen

Hannover (kath.net/idea) - Scharfe Kritik an der Qualität der Kinderkrippen in Deutschland hat der Erziehungswissenschaftler Wolfgang Bergmann geübt. „Unsere Krippen sind oft miserabel bis an die Grenzen der seelischen Misshandlung“, sagte Bergmann in einem Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Er betreibt in Hannover das Institut für Kinderpsychologie und Lerntherapie. Nach seinen Angaben kommen in den Krippen durchschnittlich zwei Erzieher auf acht bis zwölf Kinder. Der Alltag sehe so aus, dass die eine Erzieherin Windeln wechselt, während die andere sich mit einem Kind beschäftigt.

Die anderen Kinder „schauen, ja sie stürzen buchstäblich ins Leere – und das in der bindungs- und wahrnehmungsintensivsten Zeit ihres Lebens. Wie viele Stunden an Vereinsamung, Isolation und Nicht-angeschaut-Werden wird da in den Kindern gestaut.“

Kinder- und Jugendpsychiater, Bindungsforscher, Psychoanalytiker und Gehirnpsychologen seien sich hier einig: „Die Folge ist, dass Entwicklungsstörungen bei Kindern zunehmen werden.“ Bergmann hält die Behauptung für „Quatsch“, dass Krippenkinder schneller sprechen lernen und kontaktfreudiger seien. Sie seien vielmehr kontaktgestört. Die 25 Jahre andauernde Studie des US-Nationalinstituts für Kinder, Gesundheit und Entwicklung zeige, dass es Kindern nicht schade, wenn sie frühestens mit einem Jahr täglich ein bis zwei Stunden in die Krippe kommen. Voraussetzung dafür sei, dass es sich um Kinder mit einer starken inneren Gefühlssicherheit handele. „Längere Krippenaufenthalte sind hochgradig riskant“, so Bergmann.

In den ersten Lebensmonaten komme es vor allem auf eine stabile Bindung an eine feste Bezugsperson an.

Der Wissenschaftler lehnt deshalb den von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) betriebenen Ausbau der Krippenplätze ab. Er hält es für einen „Skandal“, dass die Zahl der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren bis 2013 auf 750.000 verdreifacht werden soll. Das sei ein Ausdruck dafür, „dass uns die Kinder zutiefst gleichgültig sind“. Die Ministerin habe die Einwände von Experten bisher konsequent ignoriert. „Werden Frau von der Leyens Pläne Wirklichkeit, wird das unsere Gesellschaft teuer zu stehen kommen.“ Für die Zukunft der Gesellschaft habe man nichts anderes als die Köpfe der Kinder – „und genau die werden in den Krippen in den Anfängen ihres Lebens geschädigt“.



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